Gut Ding will manchmal Weile haben. Manchmal auch bei uns im Tierschutz.
Mehrere Monate lang beobachteten unsere Kollegen vom Tierheim in Ahlum
zusammen mit den Behörden eine Hundezüchter-Familie in die Nähe des Tierheimes
Ahlum. Die Leute waren aus Niedersachsen zugezogen und schon bald bemerkten
Nachbarn, dass da irgendwas nicht stimmen kann. Nun ja, Hunde kann man nicht gut
im Verborgenen halten, sie sind einfach zu laut und machen sich bemerkbar. Im
Sommer war der Duft von den beiden Grundstücken auch nicht gerade sehr
einladend, so dass sich der Verdacht immer mehr erhärtete, dass dort auf dem Hof
Tiere in unwürdigen Zuständen gehalten wurden. Kontrollen des Veterinäramtes und
unserer Kollegen waren nicht möglich, die Leute öffneten nicht die Tür, bzw.
beschimpften unsere Kollegen auf das Übelste. In Deutschland ist der Schutz der
Privatsphäre sehr groß, so dass man auch bei einem Verdacht nicht einfach in ein
Grundstück rein darf. Nach wochenlangem Warten, mal war der Richter krank, mal
keine Schreibkraft zu erreichen und vieles mehr, hatten wir endlich die telefonische Zusage, dass der Durchsuchungsbeschluss noch vor Ende Oktober kommen sollte.
Eines war klar. Das würde eine größere Aktion werden. Vom Fenster eines Nachbargrundstückes aus hatten die Kollegen schon mal auf einen der Höfe schauen
können und grob gezählt. Man musste von ca. 50 bis 60 Hunden ausgehen, die dort heraus zu holen sein würden. Das bedeutete auch, dass ein Tierheim allein das
nicht schaffen würde, da war Hilfe gefragt.
Herr Sven Blöß vom Tierheim Ahlum übernahm die Organisation von Fahrzeugen,
Transportboxen und vor allem von Mitarbeitern. Teilgenommen haben dann folgende
Tierheime und Kollegen:
Tierheim Wollaberg: Hans Gamperl, Brigitte Fuchs und Lebensgefährte
Tierschutzligadorf Groß Döbbern: Dr. Annett Stange, Sandra Baranowski und AZUBI
Katja Spiegel.
Tierheim Ahlum: Uschi Lohse, Sven Blös, Iris und Stefan Volk, Jana Kersten
Für die Mobile Tierrettung war Herr Petersen als Fotograf dabei und Frau
Brigitte Tröger hatte die Aufnahme von Hunden für das Tierheim in Unterheinsdorf
zugesagt.
Geplant war, dass sich das Team am Morgen des 20.10.2011 mit Polizei, Ordnungsamt, echtsabteilung Landratsamt und unsere Mitarbeiter ein paar Dörfer
weiter treffen wollten und dann sollte es generalstabsmäßig losgehen. Als die Planung schon komplett stand, begann das Zittern: der ersprochene Beschluss war
immer noch nicht eingetroffen. Erst wenige Stunden vor Beginn der Aktion, am Nachmittag des Vortages, traf dann das ersehnte Papier ein. Aktionsablauf also wie geplant.
Zeitgleich, morgens um 9.00 Uhr, traten unsere Teams, die vorgenannten
Kollegen, 5 Mitarbeiter des Ordnungs- und Veterinäramtes, unterstützt von drei
Einheiten Polizei aus Diesdorf, Salzwedel und Stendal in den beiden Dörfern auf
und legten den Bewohnern der Höfe den Gerichtsbeschluss vor, der besagte, dass
wir alle Tiere abholen können. Erst gab es wüstet Theater, jedoch der geballten
Macht von Polizei und so vieler Menschen mussten sich die Leute dann doch beugen.
Es war unvorstellbar. Auf dem einen Hof lebten 17 Howawarthe zum Teil in finsteren Verschlägen, ohne Licht in großem Schmutz und zwischen vergammelten Knochen. Die Besitzer hatten den Hunden Schlachtabfälle verfüttert und die
Knochen dann einfach im Hof liegen gelassen. Die Hunde waren zum Teil sehr ängstlich und wenig menschenbezogen, vor allem die Welpen waren sehr schüchtern.
Auf dem zweiten Hof waren fast nur kleine Hunde in Stall, Scheune und Haus untergebracht. Drei Hovawarthe fristeten ihr Dasein in einem fensterlosen Stall.
Als wir in die angrenzende Scheune kamen, empfing uns nur ein finsteres Loch, in dem unzählige Hundeaugen glühten. Es war gespenstisch. Eine kleine Hündin fanden wir mit 5 noch blinden Welpen in einen dunklen Verschlag. Und viele weitere fast hauptsächlich kurzhaarige Hunde hausten in dem kalten, kahlen und völlig verdreckten Stall. Es liefen auch Hunde frei in Hof zwischen den alten Knochen herum, und in jeder Kammer im Haus waren Tiere versteckt. Alleine in der Küche der Leute waren 17 Hunde untergebracht! Im Schlafzimmer standen zwei Käfige mit Mutterhündinnen und ihren Welpen übereinander gestapelt in der Ecke. Selbst unter dem Bett fanden wir eine Hündin mit Welpen.
Der Dreck und Gestank, auch im Haus, war unbeschreiblich, die Menschen lebten
mit den Tieren in diesem Dreck.
Die Hunde waren bis auf wenige Ausnahmen nicht mit einem Chip versehen, so
dass wir zur späteren Identifizierung der Hunde jedes einzelne Tier erst
fotografieren mussten, gingen wir doch davon aus, dass sich die Leute juristisch
gegen die Wegnahme der Tiere zur Wehr setzen würden. Bevor wir die Hunde sicher
verpackt in Transportboxen zum Auto tragen konnten, war also erst mal Papierkram
nötig.
Für uns erstaunlich war, dass die Hunde eigentlich alle still gehalten haben
und sich ohne Gegenwehr befreien ließen. Nur zwei große Howawarthe die sehr
ängstlich waren, versuchten zu schnappen. Schnell war das erste Auto vollgeladen
und konnte schon mal zum Tierheim Ahlum zum Ausladen fahren. Gegen 15.00 Uhr
hatten wir dann alle Tiere in Ahlum und konnten zählen. Insgesamt hatten wir 86
Hunde abgeholt, davon viele trächtige Hündinnen und Hündinnen mit Welpen.
Verteilt haben wir die Tiere dann auf folgende Tierheime:
Tierheim Unterheinsdorf
Tierheim Wollaberg
Tierschutzligadorf Groß Döbbern
Tierheim Ahlum.
Die Beschlagnahmung hatte am Donnerstag stattgefunden, in der Nacht vom
Freitag zum Samstag wurden dann schon die ersten Welpen geboren. In Wollaberg 5
Kleine und in Ahlum 4 Stück. Eine ganze Reihe Hündinnen sind aber noch trächtig
und so erwarten wir in den nächsten Tagen noch weiteren Nachwuchs.
Die ganz Geschichte ist aber noch nicht ausgestanden gewesen. Bereits wenige
Tage nach der Räumaktion erzählten uns Leute am Telefon, dass auf dem einen Hof
schon wieder Hunde wären und die besagte Dame würde schon wieder im Internet
Howawath-Welpen zum Verkaufen anbieten. Und tatsächlich, als wir dort nochmal
hingefahren sind, hörten wir Hundegebell. Am Montag, den 14.11.2011 haben wir dann mit den Veterinärbehörden nochmal eine Mutterhündin mit 5 Welpen geholt.
Obwohl die Leute bereits vom Gericht ein Tierhalteverbot auferlegt bekommen
hatten, machen die einfach weiter. Von Einsicht keine Spur. Ich bin überzeugt,
dass uns der Fall noch lange beschäftigen wird. -Uschi Lohse
Alle Bilder dieser Beschlagnahmeaktion können Sie hier betrachten, aufgrund der Menge dauert der Ladevorgang etwas (klick)
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